Handwäsche Vs. Waschanlage: Das sagt der Experte

10.03.2020

Selten bekommt man so viele Meinungen zu einem Thema, wie wenn es um Autowäsche geht. Doch was ist wirklich besser für mein Auto? Klassisch von Hand waschen oder doch besser in einer modernen Waschanlage. Wir haben Automobil-Experten Fabian Mechtel gefragt:

Moderne Fahrzeuglacke sind wahre Wunder der modernen Chemie. Unzählige Komponenten und verschiedenste Schichten sorgen dafür, dass die gewählte Farbe in bestem Glanz strahlt. Damit sie das möglichst lange kann, sollte man sich allerdings etwas um sie kümmern.

Vorreinigung: Ein sehr wichtiger Teil der Fahrzeugwäsche besteht aus der Vorwäsche. Insektenreste, Harzflecken, Teerspritzer oder etwa hartnäckiger Bremsstaub und sonstige Verschmutzungen sollten vor der eigentlichen Wäsche gesondert behandelt werden. Am besten ist es, punktuell vorzugehen und die betroffenen Stellen mit einem Universalreiniger einzusprühen. Kurze Einwirkzeit gibt dem Reiniger die Möglichkeit, sein volles Potenzial auszuschöpfen. Das folgende gründliche Abspülen sollte mit einem Hochdruckreiniger erfolgen. So kann man nicht nur die Verschmutzungen direkt behandeln, sondern auch das restliche Fahrzeug schon einmal grob abspülen und einweichen. Wer die nötigen Reiniger daheim hat und Zugang zu einem Wasseranschluss und Hochdruckreiniger, der ist bei der Handwäsche natürlich im Vorteil, gerade was die Arbeitszeit angeht. Allerdings haben auch viele moderne Waschanlagen spezielle Einrichtungen zur Vorreinigung, die unbedingt empfehlenswert sind und das Waschergebnis deutlich verbessern.

Wäsche: Das größte Problem bei der Fahrzeugpflege ist Kratzerbildung. Wo man doch eigentlich seinem Auto nur Gutes tun möchte, birgt gerade die Wäsche große Gefahr, den Lack zu beschädigen. Denn auch wenn es sehr komplexe und widerstandsfähige Formeln sind, aus denen eine Lackierung besteht, so ist sie doch nur hauchdünn. Im Durchschnitt sind es etwa nur 150 Mikrometer, also 0,15 Millimeter, die auf der Karosserie aufgetragen sind. Das entspricht der Dicke von zwei menschlichen Haaren. Besser also, man fängt sich erst gar keine Kratzer ein. Deshalb lautet die erste Regel bei der Wäsche: so viel Wasser wie möglich. Denn mit einem ausreichenden Wasserfilm ist man in der Lage Schmutz vom Lack abzutragen und schonend abzuschwemmen. Unbedingt wichtig sind außerdem saubere Waschutensilien. Nicht ausreichend ausgespülter Schmutz wie Sand etc. kann wie Schmirgelpapier wirken und den Lack zerkratzen. Am Ende ist es eine komplizierte Abstimmung von Wassermenge, Reiniger und korrektem Wischen, was den Lack sauber werden und dabei kratzerfrei bleiben lässt. Hier sind moderne Waschanlagen mit geschäumten Kunststoffschwämmen tatsächlich der Handwäsche überlegen. Durch die jederzeit ausreichende Wassermenge laufen die Schwämme nie trocken, werden stets korrekt ausgespült und zudem ist der Druck immer optimal angepasst.

Lackschutz: Mit der korrekten Wäsche haben wir den Lack nun schon vor Kratzern geschützt, es gilt allerdings, ihn noch vor neuen Umwelteinflüssen bestmöglich zu bewahren. Dies geht mit modernen Lackschutzkomponenten wie etwa Wachsen, Nanobeschichtungen oder Versiegelungen. Im Prinzip funktionieren all diese verschiedenen Produkte gleich: Auch wenn unser Lack frei von sichtbaren Kratzern ist, so kann er nie eine perfekte Oberfläche haben. Unter dem Mikroskop finden wir viele winzige Vertiefungen, kleine Risse und sonstige Beschädigungen, die mit bloßem Auge nicht sichtbar sind. Hier bieten sich also genug Angriffspunkte für Dreck und Schmutz. Auch der Glanz nimmt durch die mikroskopischen Schäden ab. Ein guter Lackschutz setzt sich gezielt in die Vertiefungen und bildet eine perfekt glatte Oberfläche aus. So sind Glanz und Schutz wiederhergestellt, weil Verunreinigungen sich nicht mehr festsetzen können. Außerdem perlt das Wasser so schön vom Lack ab, weil es ebenfalls keinen Angriffspunkt mehr findet. Ein von Hand aufgetragener Lackschutz hält meist besser, weil man durch den Poliervorgang die Vertiefungen besser ausfüllen kann, als es bei reinem Aufsprühen der Fall ist. Einige moderne Waschanlagen verfügen allerdings über spezielle Programme mit Lackschutzkomponenten, die durch gezielte Aushärtung nach dem Auftrag für ähnliche Haltbarkeit der Schutzschicht im Vergleich zum Handauftrag erzielen können.

Wasserverbrauch: Bei einer normalen Fahrzeugwäsche verbraucht man im Schnitt in Summe mit Vorreinigung, Eimerfüllung und dem anschließenden Abspülen etwa 140 Liter Wasser. Wer mit einem Hochdruckreiniger arbeitet benötigt gerne auch deutlich mehr. Hier sind Waschanlagen naturgemäß im Vorteil, allein weil sie einen geschlossenen Kreislauf bilden und größtenteils über eine sogenannte Brauchwasseraufbereitung verfügen. So werden pro Fahrzeug nur etwa 15 Liter Frischwasser benötigt, obwohl dem Auto während des Waschganges praktisch unendlich Wasser aus dem Brauchwasserkreislauf zur Verfügung steht. Dazu kommt, dass Öle, Benzin und andere Betriebsstoffe, die während der Wäsche abgespült werden, über einen Abscheider gesammelt und umweltgerecht entsorgt werden. In vielen Gemeinden und Kommunen ist gerade deshalb die Handwäsche daheim untersagt, damit das Grundwasser nicht mit Schadstoffen belastet wird.

Fazit: Eine moderne Waschanlage ist der klassischen Handwäsche tatsächlich in einigen Bereichen überlegen, noch dazu spart sie Zeit und Wasser.

Fabian Mechtel ist Ingenieur, Technikjournalist und Experte in Sachen Automobil. Er schreibt unter anderem für die renommierte Auto Revue und die PS Welt sowie ashphaltfrage.de, den 2015 relevantesten, markenübergreifenden Autoblog Deutschlands. Seit der Gründung eines Fahrzeugpflege-Unternehmens während seines Studiums ist Fabian darüber hinaus auch Profi in allen Fragen rund um Autopflege und glänzenden Lack.